Filme und Folgen (67)
Notizen: März 2024
True Detective 4 Night Country Issa López USA 2024 6 Folgen
Genius loci galore: Das fiktive Ennis in Alaska (Vorbild war zum Beispiel die Kleinstadt Kotzebue) während der Polarnacht zwischen Weihnachten und Neujahr wird zum Schauplatz einer Ermittlung, die zwar ein bisschen in Richtung Akte X gravitiert, schließlich aber eine zeitgemäß irdische Auflösung findet, ohne dass deswegen die stark lokalmythischen übersinnlichen Andeutungen einkassiert werden müssten. Jodie Foster spielt eine lokale Polizistin namens Liz Danvers, die ehemalige Boxerin Kali Reis ihre anfangs untergeordnete Partnerin Evangeline Navarro. Die Familienverhältnisse sind durchwegs kompliziert, das indigene Erbe ist in die Diaspora von Adoptionsverhältnissen zerstreut, der junge Polizist Pete Prior ist eine Verbindungsfigur, er ist aber durch seinen Vater belastet, der sich als traditioneller weißer Mann auf die Seite der zerstörerischen Wirtschaft stellt (eine Bergbaufirma vergiftet die ganze Gegend). Creator Issa López spart nicht mit Schock und Schlock, ein Höhlensystem, in dem in der Neujahrsnacht ein kritischer Höhepunkt erreicht wird, sah dann schon eher nach Schundfilmen der 50er Jahre aus. Aber insgesamt ist das alles gut integriert in eine sozial plausible Großerzählung über einen Ort, der in den USA ganz am Rand liegt, und trotzdem paradigmatisch genommen werden darf. Lieblingsszene: ein Dialog zwischen Bee, der jungen Frau in der Obhut von Liz, und Pete Prior, durch die Sichtluke einer Gefängniszelle. Visuell wie dramaturgisch (und auch in der Montage und im Schauspiel) eine großartige Verdichtung. (Sky)
Mandy Panos Cosmatos USA 2018
Wenn man im Netz nachschaut, findet man zu Mandy ganz normale Inhaltsangaben, und der Film hat ja auch eine Story, der man folgen kann. Aber das ist wirklich nur eine Schicht eines Bad Trips, der von Beginn an mit flackernden Bildern ins Psychedelische geht. Nicolas Cage spielt den Holzfäller Red Miller, der mit einer Zeichnerin zusammenlebt – das Schlafzimmer ist ein Glaskubus, der mehr oder weniger in die Wildnis ragt. Die Cover der Paperbacks, die Mandy liest, sind so etwas wie die ästhetische Richtlinie. In Reddit gibt es Diskussionen über das Buch Seeker of the Serpent’s Eye von Leonora Tor, das einmal konkret genannt wird – es existiert nur im fiktionalen Raum von Mandy. Auf dem Heimweg von ihrem Job in einen kleinen Store fällt sie einem Mann ins Auge, ein Sektenführer, ein christlich-satanischer Charismatiker, bei dem Anklänge an 70er Jahre-Horror (Wicker Man) zu erkennen sind. Mandy soll mit ihm rituellen Sex haben, lacht ihn aber nur aus, und wird dafür verbrannt. Das ist alles langsam und gravitätisch inszeniert, in vibrierenden Farben, als wäre jedes Bild seine eigene Doppelbelichtung oder sein wahnsinniger Zwilling. Red muss das Fanal mit seiner Frau mitansehen. Er kann sich befreien, und übt dann Rache, unter anderem mit einer Armbrust. Sein Feldzug ist nicht kühl und methodisch, sondern tapsig und unwiderstehlich, mehrfach geht er fast drauf, setzt sich aber immer durch – unter anderem in einem wahrlich furiosen Duell mit Motorsägen, im gelben Gegenlicht, eines der Sägeblätter ist phallisch verlängert. Würde ich mir im Kino noch einmal anschauen, muss auf einer großen Leinwand schon eine Art Fest sein. Anlass, ihn jetzt zu schauen, daheim auf dem Rechner, war ein Text über Nicolas Cage wegen Dream Scenario.
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