Filme und Folgen (21)

Notizen: April 2020

The Outsider

Selten hat eine Horrorgeschichte ihre eigenen Voraussetzungen so deutlich thematisiert wie hier, wo der Polizist Ralph Anderson (Ben Mendelsohn, eine Entdeckung) sich mit dem Gedanken vertraut machen muss, dass ein abscheulicher Mord an einem Kind wohl von einem Wesen begangen wurde, das nicht zu unserer Welt gehört – genauer gesagt, das nur in der fiktionalen Welt von Stephen King zu unserer Welt gehört, während wir in der Welt, in der wir uns mit Ralph Anderson vergleichen, doch davon ausgehen, dass es Wesen wie El Cuco nicht gibt. Wäre das anders, wäre es mit unserem Weltverhältnis, wie wir es kannten, vorbei. „It would upend everything“, sagt Ralph. Das Buch von King wurde unter Federführung von Richard Price zu einem Zehnteiler verarbeitet, der nach North Carolina verlegt wurde, in eine waldreiche Gegend. Zwei Figuren stehen im Zentrum: das Gegenüber von Ralph ist Holly Gibney, eine Frau für Spezialaufträge, die mit ihren besonderen Fähigkeiten (sie durchschaut zum Beispiel ein tausendteiliges, noch zerstreutes Puzzle mit einem Blick auf sein Ergebnis) zuerst die Möglichkeit in Erwägung zieht, man könnte es mit einem Wesen namens El Cuco zu tun haben. Cynthia Erivo macht diese Tricksterfigur wunderbar verletzlich, eine schöne Liebesgeschichte gibt es für Holly auch. In erster Linie aber ist The Outsider ein großen Ensemble- und Communitystück, mit starken Rollen für den mir bisher unbekannten Mark Menchaca oder für Mare Winningham in der Rolle von Ralphs Frau. Der Showdown ist bei so einer Geschichte notgedrungen die Schwachstelle, denn da muss dann doch irgendwo konkret auf- und eingelöst werden (in einer Höhle, in der passenderweise das Unwesen von einer zufällig herumliegenden Wohnzimmerlampe erleuchtet wird), was nur als kategorialer Horror wirklich furchterregend ist: dass es Wesen geben könnte, mit denen wir (außerhalb der Fiktionen) nicht rechnen. (HBO/Sky)

The English Game

Ein Sechsteiler von Julian Fellowes, dem Mann hinter Downton Abbey. In England ist der Fußball in den frühen Jahren ein Gentleman-Sport, der von Etonisten und Ihresgleichen als exklusiver Spaß betrieben wird, selbstverständlich unbezahlt, denn Geld spielt für den Bankierssohn Arthur Kinnaird und seine Teamkollegen keine Rolle. Zunehmend bekommen sie es aber mit Teams aus dem Norden zu tun, aus den Arbeiterregionen, wo die Menge der „great unwashed“ in dem Spiel auch eine neue Leidenschaft entdeckt. In der zweiten Folge werden kurz die taktischen Grundlagen gelegt (die Pyramidenform der Team-Aufstellung wird durch einen Plan in Frage gestellt, der bis heute viele Verfechter hat: „we get them on the break“). Doch in erster Linie ist The English Game ein Melodram, das ein Klassendrama enthält. Meine Lieblingsfigur ist Alma (Charlotte Hope), die Frau von Arthur Kinnaird, der am ehesten in der Lage ist, den Dünkel seiner Kollegen zu überwinden, auch unter ihrem Einfluss. Kevin Guthrie ist auch toll in der Hauptrolle des schottischen Fußballers Fergus Suter, der aus sozialer Not zum Profi wird, seinen Herzensclub verrät, weil er in Blackburn deutlich bessere Perspektiven hat. Da sind also schon die ganzen Themen da, von denen der Fußball lebt, die Sentimentalität, der Kommerz, das Merchandising (einer kommt auf die Idee, man könnte Trikots produzieren), die Regionalmächtigkeit, in einem Stück britischer Qualitätsfernsehware. (Netflix)

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