Im September 2019 bekam ich eine Email von meinem Kollegen Peter Laudenbach. Er holte für eine Geschichte in dem Magazin brand eins Selbstauskünfte von Leuten ein, die als Kritiker arbeiten. Ich antwortete zügig, veröffentlicht wurde dann ein Teil meiner Antworten. Hier der vollständige Fragebogen.

Was macht eine gute Kritik aus?

Konzentrierte Beobachtung, verständliche Beschreibung, intellektuelle Tiefe, komplexe Einschätzung

Was macht die Qualität eines gelungenen Werkes aus?

Komplexität in eine Form gebracht

Gibt es so etwas wie objektive Kriterien?

Objektive Kriterien ergeben sich aus der Geschichte des Metiers, und der Reflexion dieser Geschichte, vorgenommen durch ein Subjekt in der Spannung zwischen Idiosynkrasie und Sozialität

Ist Objektivität in der Kritik wünschenswert und überhaupt möglich? Wenn ja: Wie? Wenn nein: weshalb nicht? Und: Ist das ein Problem?

Eine gute Kritik ist immer so objektiv, wie ein Kritiker sich im intellektuell verantwortungsvollen Sinn als Subjekt zu erkennen gibt

Sind in Ihrem Metier subjektive Kriterien („hat mich gelangweilt“) verbreitet? Wenn ja: Ist das unvermeidlich / eine Zumutung / legitim ? Weshalb?

Subjektive Kriterien sind nur dann zu vermeiden, wenn sie mit dem Gegenstand nichts zu tun haben

Entwertet es Ihre Kritik, wenn ein Kollege ein Werk mit sehr guten, nachvollziehbaren, plausiblen Argumenten und Beobachtungen im Ergebnis völlig anders beurteilt als Sie? Oder schafft jede Kritik ihren eigenen Blick auf ein Werk und ihre eigene Wahrheit?

Wenn satisfaktionsfähige Kolleginnen und Kollegen zu anderen Einschätzungen kommen, bestärkt mich das in meinem Vertrauen in eine funktionierende Öffentlichkeit

Ist Kritik in Ihrem Metier überhaupt relevant, zum Beispiel für den Erfolg, das Ansehen, das Verständnis eines Werkes?

In etwa in dem Maß, in dem Kritik im Metier der Gesellschaft insgesamt zur Zeit relevant ist

Zusatzfrage: Welche Frage zu dem Thema würden Sie Ihren Kollegen gerne stellen (und selbst beantworten)?

Machen Sie Ihre Arbeit gern?

(PS Ich hoffe, insgesamt implizit auch die letzte Frage beantwortet zu haben.)